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Scott Smith: Dickicht

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Amy, Stacy, Jeff und Eric wollen einen ganz normalen Urlaub verbringen: Sie wollen entspannen, sie wollen ihr Reiseland Mexiko besser kennenlernen – und sie wollen ein Abenteuer erleben. Als sie auf Matthias treffen, dessen Bruder Henrich dem Lockruf einer jungen Archäologin gefolgt und von einem Ausflug in den Dschungel nicht mehr zurückgekommen ist, beschließen sie, Matthias bei seiner Suche nach Henrich zu helfen. Mit von der Partie ist auch ein junger Grieche – von allen nur Pablo genannt – der sich von der ganzen Aktion wohl jede Menge Spaß verspricht.
Sie alle ahnen nicht, was dort im Dschungel auf sie lauert. 

Meine Meinung

Ich habe “Dickicht” für ein paar Franken als Mängelexemplar gekauft. Hätte ich vorher die Rezensionen bei Amazon gelesen, hätte ich das wohl unterlassen, aber zum Glück habe ich das Buch völlig ohne Erwartungen gekauft und auch gelesen. Cover und Beschreibung machten mir einfach direkt Lust auf mehr, die ersten ca. 100 Seiten fand ich aber derart langweilig, dass das Buch lange, lange Zeit nur angelesen in meinem Regal stand.

Diesen Monat habe ich mir dann ein Herz gefasst und dem Buch noch eine zweite Chance gegeben; und ich habe es nicht bereut.

Für die Protagonisten Amy, Jeff, Stacy und Eric beginnt alles als ein ganz “normaler” Party-Urlaub (jede Menge Alkohol, Partys, sexuelle Ausschweifungen…). An keiner Stelle wird angedeutet, was ihnen widerfahren wird – in keinem Moment lässt sich erahnen, dass ihr Ausflug in den Dschungel mehr werden wird, als eine kleine, spannende Tour zu alten Ruinen. Es gibt keine Vorzeichen: Keine mysteriösen Zeitungsberichte, keine eigenartigen Schilder, keine Vorwarnung – und die einzige Warnung, die sie erhalten, verstehen sie aufgrund von Sprachbarrieren nicht.

Als sie die Ausgrabungsstätte erreichen, finden sie verlassene Zelte vor – von Henrich keine Spur… Und bald schon müssen sie feststellen, dass sie die Ausgrabungsstätte nicht ohne weiteres verlassen können…

Ab dem Moment, an dem die Reise zur Ausgrabungsstätte begann, war ich absolut von “Dickicht” gefesselt und konnte das Buch kaum noch aus der Hand legen! Zunächst ist eine Weile unklar, was überhaupt das Problem ist… und als die jungen Leute herausfinden, was vor sich geht, ist der Albtraum noch lange nicht vorüber. Meiner Meinung nach hat Scott hier eine wirklich interessante Idee gehabt und die auch wirklich gut umgesetzt.
Er beschreibt nicht nur, was die sechs Protagonisten bedroht und wie bösartig es dabei vorgeht, es bleiben auch viele, viele Fragen offen (und somit viel Raum für die eigene Fantasie) und nicht zuletzt beschreibt Scott sehr, sehr genau, wie sich die Protagonisten durch den psychischen Druck, der auf ihnen lastet, verändern.
Als besonders schwierig empfand ich Pablo: Durch das, was ihm widerfährt, verschlimmert sich die Situation, in der sich alle befinden, drastisch – vor allen Dingen durch die Sprachbarriere. Wie will man jemandem helfen, jemandem Trost und Mut zusprechen, jemandem Hoffnung schenken, wenn man sich nicht einmal mit Händen und Füßen verständigen kann? Das, was mit dem lebenslustigen Pablo geschieht, verschärft die gesamte Atmosphäre enorm.
Die weiblichen Protagonistinnen habe ich weniger interessant gefunden als die männlichen: Stacy erschien mir als sehr flatterhaft und naiv, Amy vor allen Dingen als enorm rücksichtslos. Eric war einfach sehr interessant dargestellt – vom ganz normalen, netten Typen von nebenan wandelt er sich zu einer tickenden Zeitbombe, völlig gefangen in seiner Hysterie. Ich dachte, dass er jeden Moment entweder sich selbst, oder den anderen etwas antun würde. Jeff war hingegen das krasse Gegenteil: organisiert, aktiv – der Macher… Und Matthias war von Anfang an der Sonderling.

Viele Personen haben kritisiert, dass die Spannung im Buch abfällt, sobald klar ist, was die jungen Leute bedroht. Das empfand ich gar nicht so, eher im Gegenteil: Ich war gespannt, was noch geschehen würde, durch welche boshaften Ideen das Spielchen weiter getrieben werden würde – und ich war gespannt, wie sich die Situation für alle Beteiligten weiter entwickeln würde. Das Ende war lediglich ein konsequenter Höhepunkt, das manch einem nicht geschmeckt haben mag, weil es eben nicht auf “und so lebten sie glücklich und zufrieden bis ans Ende aller Tage” hinauslief…

Ich hätte gerne mehr über die Hintergründe erfahren und wurde lediglich in diesem einen Punkt “enttäuscht”. Letzten Endes wäre das aber auch nur eine nette Zusatzinformation gewesen und nicht mehr, aber diese fehlenden Infos hätten das Buch wohl noch besser abgerundet.

Fazit

Entweder, man mag solche Bücher, oder man findet sie langweilig/eklig/einfallslos o.ä. … Mir hat Dickicht enorm gut gefallen, weil sich die Situation für alle – auf einer psychologischen Ebene – derart zugespitzt hat, dass theoretisch alles hätte passieren können. Die Grundidee war sehr speziell und ziemlich durchdacht, auch wenn über die Hintergründe eigentlich nichts bekannt wurde (dafür gibt’s auch in der Wertung einen kleinen Abzug, denn mit mehr Hintergrundinformationen wäre das Buch sicherlich noch besser gewesen). Vom Anfang einmal abgesehen, fand ich das Buch einfach durch die Bank absolut spannend und beunruhigend. Stilistisch geht Scott häufig sehr ins Detail und auch so etwas muss man mögen: Wenn man einen schwachen Magen hat oder sich sehr an ekelhaften Beschreibungen stößt, der sollte besser die Finger von dem Buch lassen. Für mich war’s ein echter Glücksgriff.

2008 wurde “Dickicht” unter dem Titel “The Ruins” verfilmt. [Trailer] Der Film war auch recht gut gemacht, das Buch hat mir allerdings besser gefallen.

Autor: Scott Smith | Titel:  Dickicht | Originaltitel: The Ruins | Verlag: Fischer Taschenbuch Erscheinungsdatum: August 2007 (4. Auflage) | ISBN-10: 3596176166 | ISBN-13: 978-978-3596176168 | Seitenzahl: 480 Seiten | Ausgabe: Taschenbuch | Preis: 8.95 € / 14.90 CHF | Genre: Abenteuer, Horror, Thriller


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